Zwei Winterberger im Zentrum des Flüchtlings-Chaos’

SPD Fraktion besuchte KIPEPEO vor Ort
Mai 23, 2016

Winterberg.. Es war ein Impuls, eine in wenigen Minuten getroffene Entscheidung. „Als wir die schrecklichen Bilder aus Röszke in Ungarn gesehen haben, unter welchen Qualen Flüchtlinge völlig auf sich allein gestellt die Grenze überquerten, stand für uns fest, dass wir helfen müssen.“ Vier Tage verbrachten die Winterberger Dunja Tepel (33) und Philipp Müller (33) an der kroatisch-serbischen Grenze in Tovarnik und erlebten dort hautnah, was Flüchtlingshilfe wirklich bedeutet.

Nach zwei Wochen Abstand sind die Bilder und Erlebnisse in ihren Köpfen immer noch erschreckend präsent. „Das lässt sich nicht einfach abschütteln“, sagt Philipp Müller. Der Umweltingenieur und Feuerwehrmann hat bei seinen Einsätzen einiges erlebt. „Doch Kroatien, das war noch eine ganz andere Hausnummer.“

Keine Hilfe für die Menschen vor Ort

Rückblick: Einen Tag nach den dramatischen Fernsehbildern nehmen Dunja und Philipp Müller, die sich beim Verein Kipepeo in Winterberg für hilfebedürftige Menschen einsetzen, Kontakt zur Hilfsorganisation SOS Konvoi in Wien auf. Hier laufen alle Informationen zusammen, wo Helfer und Konvoi-Fahrer an den osteuropäischen Grenzen benötigt werden. Auf die Frage, ob man ihre Unterstützung braucht, kommt die Antwort: „Ja, bitte. Ihr wisst gar nicht, was Eure Hilfe bedeutet.“

Mit einem VW Caddy, voll beladen mit Spenden, Hygieneartikeln, Nahrung und anderen lebenswichtigen Dingen, geht die Reise los. Mit an Bord ist Qutaiba Zazour, ein guter Freund, der schon einige Zeit als „syrischer Winterberger“ im heimischen Verein tätig ist. Er wird wertvolle Übersetzungsdienste an der Grenze leisten. In Wien erfahren sie ihren Einsatzort: Tovarnik.

Neun Helfer in drei Autos

Neun Helfer in drei Autos erreichen nach gut acht Stunden die kroatisch-serbische Grenze. Sie trauen ihren Augen nicht:1500, zum Teil entkräftete, dehydrierte Menschen campieren auf freier Wiese und an den Straßenrändern. Weit und breit keine Hilfsorganisation. Ein paar Leute aus dem benachbarten Ort und einige Polizisten versuchen zu helfen. „Wir haben Zelte und eine Ausgabestelle errichtet“, berichtet Dunja Tepel. Hunderte Flüchtlinge strömen herbei. Ein Chaos droht. Mit den Autos wird rasch eine Schleuse gebaut. In einer langen Reihe werden die Menschen nach und nach mit Wasser und Sandwiches, aber auch Decken und Isomatten für die Nacht versorgt. Bis in den Morgen verteilen sie die Sachen. Auf dem Fußboden finden die Winterberger ein paar Stunden Schlaf.

Dann wird die Nachtschicht abgelöst. Den gesamten Tag über werden weiter Hilfsgüter verteilt. Wasser und Lebensmittel gehen rasch aus. Dunja Tepel und Philipp Müller steigen mit ihren Freunden in die Autos und kaufen in den Warenhäusern der Umgebung Nahrungsmittel. Da kein Geld vor Ort ist, zahlen sie die Sachen aus dem eigenen Portemonnaie.

Nächste Hilfsaktion schon geplant

Und jeden Tag werden es mehr Flüchtlinge. „20 000 Menschen haben pro Tag die Grenze passiert“, erzählt Dunja Tepel. Und das bei 38 Grad, ohne Sonnenschutz. Kinder, Frauen, Kriegsversehrte. Viele sind krank. Fluchtpunkte Ein kleiner Junge kauert am Boden, er hat ein Bein gebrochen. Dunja Tepel und Philipp Müller organisieren Sanitäter. Die Mutter ist dankbar, dass sie ihnen ihren ganzen Schmuck schenken möchte. Endlich treffen auch einige „Ärzte ohne Grenzen“ ein.

Doch die Flüchtlinge wollen rasch weiter in den Westen. Taucht ein Bus oder ein Zug auf, stürmen sie los. Wohin sie fahren, weiß niemand. Nur weg. Unter Tränen verlassen auch die beiden Winterberger nach vier Tagen Tovarnik. Doch sie wollen weiter helfen, noch in diesem Monat. Der Urlaub wird dafür gern geopfert. „Viele Dinge sehen wir mit ganz anderen Augen.“ Und die wichtigste Erkenntnis: „Wir wissen jetzt, mit wie wenig man etwas leisten kann.“

Bericht des WDR

Interview mit Qutaiba (ab Minute 16)

Bericht vom ORF

Bericht von Profil.at

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